Organsisations aufstellungen

von Gunthard Weber und Brigitte Gross


Es mutet schon waghalsig an, wenn wir, nachdem ein Mensch sein inneres Bild einer Organisation im Raum aufstellte, anhand der Aussagen der stehenden Stellvertreter Rückschlüsse auf ein System, seine Geschichte und seinen Zustand treffen und daraus dann Folgerungen ableiten und Lösungsideen entwickeln.

Es scheint - denn wie sollten wir uns sonst solche Phänomene erklären -, dass Menschen nicht nur einzelne Elemente, Fakten und Zustände wahrnehmen können, sondern auch Beziehungsmuster und -strukturen, also vernetzte Beziehungsgefüge und Systemkonstellationen. Diese komplexen Informationen müssen "gespeichert" werden können und dienen als handlungsleitende affektiv-kognitive Schemata (s. auch Ciompi 1997). Die unbewussten Abbildungen lassen sich beim Aufstellen offensichtlich in Raumbilder zurück transponieren, also wieder externalisieren, und bestimmte systemische Zusammenhänge können so reinszeniert werden.

Das zweite Geheimnis ist, dass die Stellvertreter (der Mitglieder des Systems, das aufgestellt wird) die wieder externalisierte Systemkonstellation dann ebenfalls wieder repräsentativ erfassen und die Befindlichkeit dessen, den sie vertreten, sowie die Gesamtsituation hautnah wahrnehmen und nachempfinden können. Unsere Erfahrungen der letzten drei Jahre mit Organisationsaufstellungen und die Rückmeldungen vieler Gruppenteilnehmer bestätigten uns bisher jedenfalls in der Annahme, dass durch gesammeltes Aufstellen von Organisationsbildern so stimmige Informationen über die Strukturen, Dynamiken und Wechselwirkungen in einem System ans Licht kommen, dass sich daraus kraftvolle Lösungsbilder und -einsichten entwickeln lassen.

Ihre Einprägsamkeit gewinnen dieses Raumbilder einerseits dadurch, dass der Aufstellende das Geschehen zuerst als außenstehender Beobachter und dann später, selbst im Lösungsbild stehend, direkt an sich erfahren kann. Die Stellvertreter, die teilnehmenden Beobachter und der Aufstellende sind, sobald das ganze System aufgestellt ist, den Systemkräften unmittelbar und gleichzeitig ausgesetzt. So entsteht ein synergetisches Feld, in dem alte Wirklichkeiten und neue Möglichkeiten kurz aufeinanderfolgend von allen erlebt werden können. Das ganze System Aufstellungsgruppe wird also jeweils erst von der Dynamik der Problemkonstellation wie später auch von der Lösungsatmosphäre "infiziert".

Sprache kann Geschehnisse nur nacheinander beleuchten. Um dasselbe Ausmaß von Informationen zu bekommen wie durch eine Aufstellung, müsste man lange nachfragen. Die Bildsprache einer Aufstellung prägt sich wie eine Metapher viel intensiver ein als beschreibende Sätze, es sei denn, Sprache wird, zu sich an die Seele richtenden und ritualhaft hervorgehobenen Formeln verdichtet, aus dem Alltäglichen herausgehoben, wie es bei den "Sätzen der Kraft" der Fall ist. Wenn dann die Stellvertreter am Ende einer Aufstellung in einem Lösungsbild ihre Erleichterung ausdrücken und an dem für sie richtigen Platz Kraft gewinnen, zuversichtlich nach vorne schauen und der Aufstellende schließlich seinen Platz einnimmt, ist es für alle Beteiligten schwer, sich dieser ansteckenden Ermutigung und Lösungsorientierung zu entziehen. Das immunisiert zwar keinesfalls dagegen, später noch einmal alte Problembeschreibungen und Problemgefühle zu aktivieren. Ein gut verankertes Lösungsbild, so lehrt die Erfahrung, taucht aber in den Monaten nach einer Aufstellung immer wieder vor dem inneren Auge auf und aktiviert den Möglichkeitssinn sowie neue Lösungswege.
 
Noch eine Bemerkung vorweg

Das Hervorgehen der Organisationsaufstellungen (OA) aus dem Familien-Stellen, wie Bert Hellinger es entwickelte, könnte nahelegen, dass Familien und Organisationen viele Gemeinsamkeiten haben oder vielleicht sogar haben sollten. Viele verwenden in ihren Beschreibungen von Organisationen auch Metaphern aus dem Familienbereich, und besonders psychosoziale Teams neigen gelegentlich dazu, familienähnlich zu werden und dann auch Schwierigkeiten zu bekommen, die denen in Familien ähneln. Umgekehrt verhalten sich die Mitglieder mancher Familien auch so, als wäre ihre Familie ein Betrieb. Beides führt zu Störungen. Wir möchten hier vor vereinfachenden Gleichsetzungen warnen und plädieren für eine getrennte Betrachtung, weil die beiden sozialen Systeme in weiten Bereichen unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten und Organisationsprinzipien folgen. Organisationen sind keine Schicksalsgemeinschaften wie Familien. Der Bereich bezahlter Arbeit ist zwar besonders in den Industriestaaten für viele ein identitätsstiftender Bereich geworden, der stark in den familiären Bereich hineinragt und dort auch weitreichende existentielle Auswirkungen haben kann (s. Arbeitslosigkeit), der große Unterschied ist jedoch, dass man - ob man will oder nicht - solange man lebt und darüber hinaus Mitglied einer Familie bleibt, die Zugehörigkeit zu einer Organisation hingegen kann von beiden Seiten aufgekündigt werden. Zwar haben einige Prinzipien des Familien-Stellens auch beim Aufstellen von Organisationen Gültigkeit, es ist aber mindestens ebenso wichtig, die sich davon unterscheidenden Gesetzmäßigkeiten von Organisationen nicht aus dem Blick zu verlieren.

I. Was kann man mit Organisationsaufstellungen (OA) erreichen?

Organisationsaufstellungen eignen sich dazu, in erstaunlich kurzer Zeit relevante Informationen über ein System zu gewinnen. Die Systemgröße spielt dabei keine wesentliche Rolle. Es kann zum Beispiel bei einer Aufstellung um die Zusammenarbeit mehrerer Firmen einer Holding oder um die Frage gehen, warum ein kleines Team über längere Zeit eine hohe Fluktuation seiner Mitglieder zu verkraften hat.

Organisationsaufstellungen können von dem Aufstellenden genutzt werden, um sich über den eigenen Platz und die eigene Rolle in dem System klar zu werden, in dem er arbeitet, das er führt, supervidiert oder berät.
Die teilnehmenden Beobachter können als Stellvertreter in Organisationsaufstellungen in unterschiedlichste Rollen schlüpfen, die Prozesse aus der Innen- und Außenperspektive erleben und so Wichtiges über Organisationen lernen und auch, wenn es passt, "Trittbrettfahren".
Organisationsaufstellungen können Hilfestellungen für anstehende Entscheidungen geben (z. B. bei Nachfolgefragen, bei der Besetzung von Stellen und anderen personellen oder wirtschaftlichen Veränderungen),
sie geben Hinweise auf Beziehungsverhältnisse und -strukturen (Koalitionen, Konkurrenz, Ablehnung, Ausbeutung, Machtmissbrauch, Sündenbockdynamik) und - auf Hypotheken aus der Vergangenheit (z. B. durch die Nichtwürdigung der Verdienste eines Mitgründers oder das Vergessen herausgedrängter oder ausgeklammerter Mitarbeiter).
Sie sagen etwas darüber aus, wie die Leitungsfunktionen in einem System wahrgenommen werden, und
zeigen Kontextvermischungen (z. B. zwischen privaten und dienstlichen Beziehungen oder Koalitionen über Hierarchieebenen) an.
Besonders gut eignen sich Aufstellungen für Familienunternehmen, weil dadurch deutlich werden kann, ob die Lösung eines Problems eher in der Besitzerfamilie oder im Management der Firma zu suchen ist oder in beiden Bereichen etwas verändert werden muss.
Organisationsaufstellungen geben Auskunft über fehlende Unterstützung und Ressourcen,
über gesundheitliche Gefährdungen,
über die Aufgaben- und Kunden- oder Zielorientierung einer Organisation und
die Energie und die Atmosphäre, die in einer Arbeitsgruppe vorhanden ist. Und
mit Hilfe von OAs können bestimmte Szenarien (z. B. Verschlimmerungen oder unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten) durchgespielt werden.

Dieses sind nur einige exemplarische Situationen oder Fragestellungen, bei denen sich Organisationsaufstellungen als nützlich erwiesen haben. Eine OA-Gruppe ist schon für sich ein gutes Modell für den Umgang und die Kooperation in einer wertschätzenden und sich gegenseitig unterstützenden und fördernden Atmosphäre.

II. Mit wem kann man wann Organisationsaufstellungen machen?

OAs eignen sich nicht für zufällig zusammengesetzte und vorübergehend existierende Systeme. Sie sind auch nur mit größter Vorsicht mit Mitarbeitern aus nur einer Firma oder einer Institution anzuwenden. Das Sich-gegenseitig-Beäugen ist hier viel stärker, und die Konsequenzen des jeweils Gesagten werden von den Aufgestellten viel vorsichtiger oder strategischer abgewogen. Die Systemmitglieder haben oft auch zu viele Vorinformationen, die die Wahrnehmung der zu einem Aufstellungsplatz gehörenden Empfindungen verfälschen können. Unterschiedliche hierarchische Positionen und die momentan belasteten Beziehungen können die Äußerungen zusätzlich ablenkend modifizieren.

OAs können sich auch dann als nützlich erweisen, wenn die Kultur eines Unternehmens durch gegenseitige Achtung, ein gutes, kooperatives Klima und ein innovatives und experimentierfreudiges Engagement gekennzeichnet ist.

Wir haben solche Seminare kürzlich durchgeführt. Unsere ersten Erfahrungen in solchen Kontexten sind ermutigend, die längerfristigen Rückmeldungen müssen aber noch abgewartet werden. Man muss in diesem Fall mit großer Wach- und Achtsamkeit arbeiten und die vielfältig möglichen intersystemischen Wechsel-, Aus- und Nebenwirkungen mitbedenken und eventuell ansprechen. Organisationsskulpturen, in denen ein Mitglied einer Organisation seine Mitarbeiter selbst so aufstellt, wie er sie zueinander wahrnimmt, kann man dort ohne Schwierigkeiten machen. Diese geben dann aber eher Hinweise auf die augenblicklichen Beziehungen (z. B zu Nähe/Abstand oder Zuneigung/Ablehnung) und entwickeln nach unserer Erfahrung meist nicht dieselbe konfrontierende und erleichternde Wirkung wie OAs.

Die besten Erfahrungen haben wir mit OA-Gruppen gemacht, wo 15 bis 20 Mitglieder aus unterschiedlichsten Arbeitsbereichen und Organisationen kamen und sich vorher nicht kannten. Hier ist jeder geschützt und frei, und jeder ist gleich gültig. Alle erleben eine große Bandbreite von Konstellationen und damit auch ein weites Spektrum von Lösungsmöglichkeiten. Für solche OA-Seminare scheint uns ein Zeitrahmen von zwei bis drei Tagen am besten.

III. Prinzipien der Organisations aufstellungsarbeit

Im folgenden werden wir einige grundsätzliche Prinzipien beschreiben, die uns bei dieser Arbeit leiten.

1. Das Recht auf Zugehörigkeit

In Organisationen ist jeder ebenbürtig im Recht dazuzugehören. Dieses Recht enthält aber auf der anderen Seite auch die Verpflichtung, den der Position im System gemäßen Beitrag und Einsatz zur Erhaltung und Erneuerung der Organisation zu leisten (s. u.). Im guten Fall sorgt eine Organisation für ihre Mitarbeiter und fördert sie, und die Mitarbeiter ihrerseits verhalten sich loyal zur Organisation und engagieren sich für deren Ziele. Wird mit dem Recht auf Zugehörigkeit von einer der beiden Seiten leichtfertig umgegangen (z. B. durch liebloses "outsourcing" oder durch eine Versorgungsmentalität), wirkt das in der Organisation wie eine Hypothek besonders auf das Vertrauensverhältnis der Mitarbeiter zur Organisation und auf deren Engagement und umgekehrt.

2. Geben und Nehmen

Auch in Organisationen gibt es also so etwas wie eine innere Kontenführung (Boszormenyi-Nagy 1981), wer wem was gegeben oder vorenthalten hat. Unausgeglichene Bilanzen fördern Unzufriedenheit und Schuldgefühle und verlangen nach Ausgleich. Der, dem Unrecht geschehen ist, bekommt Macht, und der, der dauerhaft mehr gibt, als er nimmt, fördert Beziehungsabbrüche. Überversorgung wie Ausbeutung haben ihre Folgen.

Durch den Austausch von Nehmen und Geben entstehen auch in diesen Systemen gegenseitige Bindungen und Verpflichtungen von Mitarbeitern zur Organisation und umgekehrt ("Mein Großvater war die Nummer 143 bei Bosch, und ich arbeite auch dort"). In traditionsreichen Unternehmen konnte man sich zum Beispiel, wenn man sich loyal zum Unternehmen verhielt, bis vor einigen Jahren sehr viel leisten, ehe einem gekündigt wurde. Diese Bindung ist jedoch nicht so stark wie die in Familien. Je unübersichtlicher und unpersönlicher die Organisationen jedoch werden (siehe international operierende Konzerne) und je mehr Mobilität erforderlich erscheint, desto weniger finden diese Vorgänge auf beiden Seiten noch Beachtung.

3. Wer länger da ist, hat Vorrang


Bei Gleichgestellten hat der, der früher da war, die älteren Rechte. Diese müssen von später Dazukommenden anerkannt werden. Das gilt in besonderem Maße für die Initiatoren und Gründer von Organisationen. Aber auch wenn an hierarchisch höheren Positionen Stehende Vorrang haben, lohnt es sich für diese, die Mitarbeiter, die früher da waren, in ihrer Erfahrung und für ihre Verdienste zu schätzen. Sonst kehren neue Besen schlecht.

Beispiel
Der Sohn des Gründers (gleichzeitig einer der Geschäftsführer) eines größeren Familienunternehmens stellt auf mit der Frage, ob er als Geschäftsführer in der Firma genügend Einflussund Kraft hat oder besser geht. In der Aufstellung wird deutlich, dass der beinahe 80jährige Vater nicht loslassen kann und dass außerdem eine schwächende Konkurrenz zum älteren Bruder besteht, der ebenfalls in der Geschäftsführung tätig ist. Wir fragen nach der Geschichte des Betriebes und erfahren, dass dieser von dem Vater und einem Freund gegründet und 20 Jahre lang geführt wurde. Dieser Freund wurde völlig vergessen und taucht auch nicht mehr im Firmennamen auf. Er stieg aus dem Betrieb aus, als der Vater in den 70er Jahren größere Investitionen tätigen wollte und ihm das zu riskant erschien. Zwei Jahre später starb er. Seine Frau zeigt sich noch heute ärgerlich und fühlt sich schlecht behandelt. Als dieser Freund neben dem Vater aufgestellt wurde, trat schlagartig Ruhe im System ein, und der Freund zog den Vater liebevoll in den Hintergrund. Dort standen sie beide gut. Die Aufstellung ergab außerdem, dass das Management besser Fachleuten übergeben werden sollte. Dem Sohn rieten wir, an einem prominenten Platz im Betrieb ein größeres Foto der beiden aufzuhängen mit der Unterschrift: X und Y, die Gründer der Firma.

4. Leitung hat Vorrang

Eine Organisation hat ein Bedürfnis nach Führung. Leitung muss durch Leistung und dadurch, dass diese Funktion adäquat ausgefüllt wird, gerechtfertigt werden. Dann besitzt der Leitende Autorität und wird in seiner Position geschätzt. Mythen wie "Wir sind alle gleich" fördern Unsicherheit und Beziehungskonflikte. Dann muss das Team zum Beispiel ahnen, was und wie der Chef gerne entscheiden möchte, oder es kommt in Entscheidungssituationen zu langwierigen und unfruchtbaren Diskussionen.

In einer Gruppe Gleichberechtigter hat der Initiator Vorrang. Wer in einer Organisation zuständig ist für die Finanzen, also für das wirtschaftliche Überleben des Systems sorgt, hat Vorrang vor anderen Leitenden. In einem Krankenhaus hat zum Beispiel der Geschäftsführer oder der Betriebsdirektor Vorrang vor den Chefärzten.

5. Leistung muss anerkannt werden

Haben bei gleichgestellten und gleichbezahlten Mitarbeitern einige besondere Kompetenzen oder bringen sie besondere Fähigkeiten ein, die den Erfolg und die Weiterentwicklung der Organisation garantieren, brauchen diese, um bleiben zu können, besondere Anerkennung und Förderung für ihre Beiträge.

In Aufstellungen kommt das meist nicht durch besondere Plätze, sondern durch anerkennende Sätze seitens eines Leitenden zum Ausdruck (z. B. "Ich anerkenne Ihren Einsatz und das, was Sie zu unserem Erfolg beigetragen haben, sehr und freue mich, weiter mit Ihnen zusammenzuarbeiten."). Wenn Mitarbeiter sich für die Organisation aufopferten und dadurch früh starben, ist es gut, für ihr Andenken zu sorgen.

6. Gehen und Bleiben

Auch in Organisationsaufstellungen stellt sich oft die Frage: Muss jemand gehen oder kann jemand bleiben? Bleiben kann jemand, der die Organisation braucht und der seinen Platz und seine Funktion ausfüllt. Wer die Organisation nicht mehr braucht, kann etwas verfehlen, wenn er bleibt. Gehen muss manchmal auch jemand, der andere im System nachhaltig oder rücksichtslos geschädigt hat. Tut er das nicht oder wird ihm nicht gekündigt, führt das zu Kämpfen, Beziehungsproblemen, Demotivierung und Vertrauensverlust. Ausgeklammerte, ungut Gekündigte, Herausgedrängte und aus nichtfachlichen Gründen Übergangene wirken sich oft lähmend oder konfliktinduzierend auf das Betriebsklima aus und werden manchmal von Nachkommenden vertreten und nachgeahmt.

Gelegentlich wird auch deutlich, dass in einer Organisation eine Hierarchieebene überflüssig ist oder dass zu viele Mitarbeiter für die tatsächlich vorhandene Arbeit vorgehalten werden. Dann kann man zum Beispiel feststellen, dass das betreffende Team die kreative, aber unproduktive Lösung findet, dass sich immer abwechselnd einer krank zeigt. In Aufstellungen wird jedoch auch deutlich, wenn Positionen mit zu vielen Aufgaben überfrachtet wurden.

Bei Trennungen in und von Organisationen ist es sowohl für die Organisation als auch für den Betreffenden wichtig, dass die Trennung in gutem Einvernehmen und in gegenseitiger Achtung vollzogen wird, damit es in der Organisation gut weitergehen und der Betreffende an der nächsten Stelle gut ankommen kann. Wer in eine Organisation zurückkehrt, schwächt sich oft.

Gute Begrüßungs- und Verabschiedungsrituale in Organisationen fördern diese Prozesse. In Aufstellungen können diese Vorgänge zum Beispiel durch das Sprechen bestimmter Sätze nachvollzogen werden.

7. Organisationen sind aufgabenorientierte Systeme

Es gibt viele Arbeitsgruppen, die ihre Aufgabe weitgehend aus dem Blick verloren haben. Die Mitarbeiter beschäftigen sich dann vor allem mit sich selbst, mit Beziehungsproblemen oder klagen über "die oben" und die Zustände. Bekommt man als Leiter einer OA-Gruppe einen solchen Eindruck, ist es wichtig, jemanden für die Aufgabe, das Ziel oder die Kunden mit aufzustellen.

Beispiel
Wir erinnern uns an ein aufgestelltes psychosoziales Team, dass zur Selbsterfahrungsgruppe zu werden drohte. Als wir jemanden für die Klienten aufstellen ließen, wurde eine kleine Person gewählt, die von dem Aufstellenden in den Rücken der Mitarbeiter gestellt wurde. Keiner der Mitarbeiter sah sie dort. Hier konnte man bildlich wahrnehmen, wie die Mitarbeiter die Klienten und so ihre Aufgabe aus den Augen verloren hatten.


8. Stärkung oder Schwächung?

Beim Aufstellen einer Organisation wird immer sofort deutlich, ob jemand mit guter, ruhiger Energie oder geschwächt an seinem Platz steht. Am richtigen, angemessenen Platz fühlt man sich sicher, gelassen und bei guter Energie. Deshalb ist es so wichtig, diesen zu finden. An angemaßten Plätzen hat man Größenphantasien und steht aufgeblasen mit geschwollener Brust. An schwächenden Plätzen ist man entweder nicht gewürdigt, würdigt sich selbst nicht, oder es fehlt einem die notwendige Unterstützung. Schwächende Gefühle, die von Aufgestellten in Organisationsaufstellungen gezeigt werden, haben oft auch mit alten Mustern zu tun und stehen in Zusammenhang mit Schicksalen aus den Herkunftsfamilien.

Ein leitender Angestellter einer großen Firma stellte einmal in einem OA-Kurs sein Arbeitssystem auf. Alle Repräsentanten seiner Mitarbeiter fühlten sich arbeitsfähig und gut und achteten ihn auch als Chef. Sein Stellvertreter jedoch fühlte sich tieftraurig und schwach. Als wir ihn selbst an seinen Platz treten ließen, begann er zu weinen. Gefragt, ob in seiner Herkunftsfamilie etwas Besonderes passiert sei, berichtete er, dass sein Vater gestorben sei, als er acht Jahre alt war. Hier war das Nehmen des Vaters notwendig und nicht eine Veränderung im Arbeitssystem, und das bestätigte sich auch in der späteren Aufstellung seiner Herkunftsfamilie.

9. Das Alte und das Neue

Neue Ideen sind in Organisationen schwerer durchzusetzen, wenn das Vorhandene, das sich ja oft über lange Zeit bewährte, nicht gewürdigt wird. Besser ist es, erst das Vorhandene zu bestätigen und anzuerkennen und seine Vorstellungen und Pläne nicht missionarisch gegen das Alte zu setzen und durchsetzen zu wollen. Als Neuer macht man sich erst einmal ortskundig, schaut, was in diesem System Gültigkeit hat, und fädelt sich ein. Dasselbe gilt zum Beispiel für Projektgruppen. Das Würdigen des Alten muss aber nicht dauernd gezeigt werden. Es geht eher um die innere Haltung. Besserwisser machen sich und anderen das Leben in Organisationen schwer und bleiben meistens nicht lange. Auch Kompetenz kann auf diese Weise missbraucht werden und so zu Brüchen führen.

IV. Das Aufstellen von Organisationen

Wir möchten nun einige Hinweise geben, welche Vorgehensweisen sich für uns beim Aufstellen von Organisationen bewährt haben. Diese Methode ist jedoch so neu, dass wir diese in keiner Weise als gültige Erfahrungen, sondern als Anregungen verstanden wissen wollen.

1. Achtsamkeit, Absichtslosigkeit und Ressourcenorientierung

Auf die Haltung der Achtung und wohlwollender Achtsamkeit haben wir schon hingewiesen. In einem Klima gegenseitiger Abwertung oder Konkurrenz können Aufstellungen ihre Kraft nicht entfalten. Indem der Leiter negative Bewertungen und Interpretationen seitens der Gruppenmitglieder unterbindet oder konfrontiert, indem er sich auf langwierige Problembeschreibungen nicht einläßt, selbst grundsätzlich annehmend und ressourcenorientiert arbeitet und alle Gruppenmitglieder als gleich gültig betrachtet, schafft er eine Atmosphäre, in die diese sich einlassen und ihrerseits die anderen in ihrem Sosein achten können. Je absichtsloser und zurückhaltender Aufstellungen angeleitet werden, desto klarer kommen die Wirklichkeiten ans Licht und um so freier können die Aufgestellten Lösungsmöglichkeiten prüfen.

2. Der erweiterte Arbeitskontext und das Anliegen des Aufstellenden

Die ersten Fragen, die man sich als Leiter stellen muss, lauten: Ist die Frage oder das Anliegen, für die der Aufstellende eine Lösung sucht, mit einer Aufstellung anzugehen und wenn ja, welche Art Aufstellung wähle ich? (Zu Aufstellungsarten siehe Sparrer u. Varga von Kibéd in diesem Band.) Und: Ist derjenige gesammelt, emotional beteiligt und bereit, eine Lösung anzugehen, oder will er, dass der Leiter seine Probleme löst? Sollen sich nur die anderen ändern, oder ist er nur neugierig und möchte auch endlich drankommen? Es ist also wichtig, den richtigen Zeitpunkt für eine Aufstellung zu finden. Die Frage ist: Brennt es dem, der aufstellen will, genügend unter den Nägeln oder in der Seele? Zu oft läßt man sich zu früh zu einer Aufstellung verführen und schwächt dadurch sich selbst und den Aufstellenden und wundert sich, wenn der Prozessdann ins Stocken gerät.

Weiterhin ist es wichtig, etwas über den Kontext zu wissen, in dem der Aufstellende arbeitet. Wo arbeitet er, wie lange, in welcher Position und Funktion und mit wem arbeitet er zusammen? Hier können sich einige Fragen zur Kontextklärung anschließen, wie sie die Heidelberger Gruppe entwickelt hat (siehe Simon und Weber 1987, von Schlippe und Schweitzer 1996, Essen und Baxa, in diesem Band), um zu erfahren, in welchem Gebiet man sich bewegt, welche möglichen systemischen Wechselwirkungen man berücksichtigen muss, welche Rolle einem bei dem Ganzen zugedacht ist und welche Fettnäpfchen bereitstehen.

3. Die Wahl des geeigneten Systems

Das Anliegen bestimmt den Ausschnitt des Systems, der mit der Aufstellung zur Erkennung des Problems und zum Anstoßen von Lösungsmöglichkeiten hervorgehoben wird. Ein System wird ja nur dadurch zu einem System, dass ein Beobachter eine Grenze darum zieht.

In OA-Seminaren wird man oft eingeladen, ein zu großes und damit zu unübersichtliches System zu stellen. Der Leiter muss sich deshalb einerseits darüber klar werden, welches das "Problemsystem" (Goolishian und Anderson 1988, Ludewig 1988) sein könnte, das das Problem erzeugt hat und aufrechterhält, und andererseits, wen er noch zur Lösung braucht. Damit man die Komplexität auf das Notwendigste reduziert, kann man sich auch fragen: Wer kann ungestraft weggelassen werden? Lieber anfangs weniger aufstellen und dann merken, dass noch jemand fehlt, als umgekehrt! Es ist aber auch jederzeit möglich, dass man jemanden auffordert, sich wieder zu setzen, wenn man merkt, dass seine Anwesenheit überflüssig ist. Auch da weisen uns die Äußerungen der Stellvertreter den Weg.

Die Anzahl der Aufzustellenden kann man auch dadurch reduzieren, indem man mehrere gleichgestellte Ausführende in einem System in der Aufstellung durch eine Person vertreten läßt (z. B. mehrere Sachbearbeiter einer Gruppe, mehrere Krankenschwestern einer Station oder Klinik oder die Kunden eines Betriebes. Nach unserer Erfahrung ist es gut, die Anzahl der Aufzustellenden auf fünf bis sieben zu beschränken. Bei der Entwicklung des Lösungsbildes kommen sowieso manchmal noch einige Personen dazu.

Werden zu viele aufgestellt, längt sich der Prozess, die Aufgestellten strengt das lange Stehen unnötig an, und die teilnehmenden Beobachter werden unruhig. Der ganze Prozesseiner Aufstellung sollte sich unseres Erachtens nicht über 30 (bis maximal 40) Minuten ausdehnen. Uns erstaunte immer wieder, dass abgekürzte, unvollständig beendete und abgebrochene Organisationsaufstellungen oft zu ebenso eindrucksvollen und manchmal besonders kreativen Lösungen führten wie die, die alle als "rund" erlebten.

4. Das gesammelte Aufstellen und Stehen

Eine Aufstellung ist ein gemeinsames Werk. Die Gruppenleiter bzw. Gruppenleiterinnen haben zwar einen besonderen Einflussauf den Verlauf, sie sind aber ganz auf die Hinweise der Aufgestellten angewiesen. Deshalb ist es so wichtig, dass die Aufstellenden die Repräsentanten freundlich bitten, jemanden aus ihrer Organisation zu vertreten, dass sie diese ihrem inneren Bild folgend gesammelt aufstellen und dass die Aufgestellten den mit ihrem systemischen Platz verbundenen Empfindungen nachspüren, sie wahrnehmen und konzentriert und kurz mitteilen.

Es bestätigt sich immer wieder, dass die Leiter dann gut daran tun, das von den Stellvertretern Gesagte in jeder Phase ganz ernst und (fast) wörtlich zu nehmen. Natürlich kommt es vor, dass einige in den Aufstellungen auch eigene Anteile verstärkt mit einbringen und eigene Muster reinszenieren. Das merkt man aber meist bald daran, dass jemand in unterschiedlichen Aufstellungen stereotyp immer wieder ähnliche und oft etwas dramatisierte Gefühle zeigt.

Nach dem Aufstellen beginnen wir mit den Ranghöchsten und fragen dann alle nach ihren Empfindungen an ihrem Platz und eventuell danach, welche Tendenzen sie haben, sich woanders hin zu bewegen.

5. Die Übergänge zum Lösungsbild

Die formale Struktur und die Abläufe bei den Organisationsaufstellungen ähneln denen beim Familien-Stellen sehr. Im Prozessder Aufstellung leitet uns vor allem das vorgebrachte Anliegen. Verbunden mit seinen Ressourcen und die nächstmöglichen Schritte des Aufstellenden im Visier, verändern wir das Bild mit Zwischenschritten, die auf sein Anliegen zugeschnitten sind, so, dass besonders er auf einem guten und kraftvollen Platz landet.

Dabei leiten uns Fragen wie: Welche Fähigkeiten sind vorhanden, welche werden nicht genutzt und welche fehlen? Wer ist ausgeklammert und muss einbezogen werden, und wer muss gehen? Auf welchen Hypotheken der Vergangenheit und welchen Deponien sitzt das System? Sind die mitgeteilten Gefühle eigene oder übernommene, primäre oder sekundäre (s. Weber 1993, S. 259-274)? Kann diese Ebene des Systems das Problem überhaupt lösen, oder muss es einer höheren Hierarchieebene zurückgegeben werden? Gibt es eine ausreichende Aufgaben- und Zielorientierung mit Zukunftsvisionen? Von wem könnte Unterstützung und Stärkung kommen? Steuert das System auf einen kritischen Zustand zu, und wenn, in welcher Geschwindigkeit? Zieht das System an einem Strang, oder gibt es Wasserträger und Träger bzw. Spaltungen? Sind die Schwierigkeiten Ausdruck von Beziehungs- oder strukturellen "Klemmen"? usw.

Welche der Pfade und Themen dann jeweils weiterverfolgt werden, richtet sich nach den Äußerungen des Aufgestellten und besonders nach der intuitiven Wahrnehmung des Leiters im Prozess.

Wollen wir Betroffenheit erzeugen, stellen wir vielleicht einen möglichen schlimmen Ausgang auf, zum Beispiel den Tod durch einen Herzinfarkt oder das sukzessive Auseinandergehen eines Teams in alle Himmelsrichtungen. Oft geht es um Gehen und etwas Neues anfangen oder darum, einen besseren Platz im jetzigen System zu finden, und wir prüfen beide Möglichkeiten daraufhin, welche für den Stellvertreter besser ist. Angemaßte werden an angemessene Plätze gestellt, Ausgeklammerte einbezogen.

Die, die Vorrang vor anderen haben (siehe oben unter I.), stehen wie bei Familienaufstellungen im Lösungsbild weiter rechts. Ganz rechts in der Lösungsaufstellung oder den sonstigen Mitarbeitern gegenüber steht der Leiter oder das Leitungsteam. Die gleichrangigen Mitarbeiter stehen dann meist in der Reihenfolge, in der sie zeitlich in die Organisation gekommen sind. Untergruppen oder Abteilungen werden getrennt voneinander gestellt, die einflussreicheren weiter rechts. Fehlt die Unterstützung von oben, wird versucht, den nächsten Vorgesetzten so zu stellen (meist dahinter), dass die Leitung sich unterstützt und sicher fühlt. Wichtig ist jedoch, dass keiner dieser Hinweise als Regel starr angewendet werden darf und immer Gültigkeit besitzt.

Würdigungen lassen wir auch hier oft verbal (und durch Verneigungen) ausdrücken und die Übernahme von Verantwortung für ungute Handlungen ("Es tut mit leid, …") auch.

Beispiel
Eine Mitarbeiterin eines großen Unternehmens, die kein gutes Haar an diesem ließ, sich aber zum Beispiel das Seminar von der Firma wie selbstverständlich bezahlen ließ, forderten wir auf, sich vor der Firma zu verneigen und ihr für das, was sie von ihr bekam, zu bedanken. Es fiel ihr schwer, tat ihr gut und ließ sie auf gute Weise gehen, wie sie später mitteilte.

Ein weiteres Beispiel
Ein Mitglied einer Beratungsfirma beschäftigte sich mit einem Arbeitsplatzwechsel. Die Aufstellung zeigte, dass der Mann einen guten Platz in der neuen Organisation bekommen könnte. Als er selbst aufgefordert wurde, diesen neuen Platz einzunehmen, zögerte er aber und zeigte Schuldgefühle gegenüber der Gruppe, in der er noch arbeitete. Erst als er dem alten System für das danken konnte, was er dort bekommen hatte, konnte er seinen neuen Platz selbstbewusst einnehmen.


In der Tendenz beenden wir Organisationsaufstellungen häufiger unvollständig und immer dann, wenn wir denken, dass der Aufstellende genügend Anregungen und Hinweise bekommen hat oder sich innere Suchprozesse für Lösungen bei ihm schon andeuten. Bei den einen stellen wir bestimmte Lösungen kräftig hin (z. B.: "Du hast keine Wahl, du musst gehen!"). Anderen muten wir Offenbleibendes zu und beenden die Aufstellung ohne eine klare Lösung und lösen auf diese Weise Suchprozesse aus.

V. Spezielle Dynamiken und Bereiche

1. Organisationen wollen nicht sterben

Organisationen haben die Tendenz, sich selbst zu erhalten - koste es, was es wolle -, auch wenn sie überflüssig geworden sind. Die angebotenen Konflikte und Störungen sind dann manchmal ein Ausdruck dafür, dass eine Organisation ihre Daseinsberechtigung verloren hat und ihre noch vorhandene Energie ganz auf das Überleben ausrichtet. Hier intern etwas verändern zu wollen und damit das Vorhandene aufrecht erhalten zu wollen, würde an der falschen Stelle ansetzen.

2. Psychosoziale Einrichtungen

Psychosoziale Einrichtungen sind oft dadurch geschwächt, dass sie am Spendentropf Mildtätiger hängen und sich selbst nicht ausreichend für die finanzielle Seite verantwortlich fühlen. Für diese Funktion muss dann ein Platz gefunden werden.

Die Aufgabenorientierung wird in diesen Organisationen oft durch ideologische Grundsatzpositionen oder moralische Vorstellungen erschwert. Wir-sind-alle-gleich-Mythen oder parteiische Beratungskonzepte wie zum Beispiel in der Beratung sexuell missbrauchter Frauen sind hier häufig anzutreffen. Auch bei den Organisationsaufstellungen bewährt es sich oft, sich als Berater etwas mehr auf die Seite der "Täter" oder "Bösen" zu stellen.

Oft mischen sich weniger Kompetente quer oder von oben in die fachlichen Angelegenheiten ein. Gerade in Vereinen, in denen die Vorstandsposten ehrenamtlich übernommen wurden, fehlen oft ein klares Führungsverhalten und eine kontinuierliche Unterstützung der ausführenden Mitarbeiter. Die in psychosozialen Organisationen häufig anzutreffende Mitarbeiterfluktuation ist meist ein Zeichen unklarer Zuständigkeiten und Führungsstrukturen.

Kontextvermischungen von privaten und dienstlichen Angelegenheiten sind dort an der Tagesordnung, sei es, dass Ehepaare in einem Team arbeiten oder mit einem Dritten ein Heim aufmachen. Arbeitsverhältnisse und private Beziehungen (oft noch über Hierarchiegrenzen hinweg) sind miteinander verquickt. Der Supervisor spielt mit dem Leiter der Einrichtung, die er berät, in der Freizeit Tennis. Der parteilose Oberbürgermeister ist mit zwei ebensolchen leitenden Angestellten Mitglied im Rotary Club. Hier werden Aufdeckungen, Entflechtungen und die Etablierung klarer Strukturen in Aufstellungen wichtig.

Psychosoziale Teams, die beraten oder Therapie anbieten, werden besonders gern zu Selbsterfahrungsgruppen. Hier hat sich das Aufstellen der Aufgabe, der Ziele oder der Klienten bewährt.

3. Führung

Bert Hellinger sagte einmal: "Führung ist eine Dienstleistung. Ein Hirte wird Hirte durch die Schafe, aber die Schafe werden keine Schafe durch den Hirten."

Führende müssen ein gewisses Maß an Einsamkeit oder Für-sich-Sein aushalten können. Oft sieht man in Organisationsaufstellungen, dass sie zu nah bei ihren Untergebenen stehen und so den Überblick verlieren. Unterstützung sollten sie sich in einer Gruppe Gleichrangiger oder von ihren Vorgesetzten holen.

Berater werden oft als Bundesgenossen eingeladen, oder es werden ihnen Führungsaufgaben delegiert, die die Leitenden nicht wahrnehmen. Das sieht man dann daran, dass die Berater an zu zentrale Positionen gestellt werden. Sie werden so zu oft dauerhaften Systemmitgliedern. Auch Teamsupervisionen werden oft dazu genutzt, fällige Entscheidungen dorthin zu verlagern.

Die Gründer einer Firma nehmen besser keine weiteren Gleichberechtigten in das Führungsteam auf, es sei denn, diese bringen wirklich Gleichwertiges ein. Hinzukommende werden also besser angestellt und ihre Leistungen auf andere Weise anerkannt.

Werden in Organisationen für eine Einheit zwei gleichrangige Leiter eingesetzt, kann man in Aufstellungen sehen, dass zwischen diesen ein Spannungsverhältnis entsteht und in der Gruppe oft Spaltungsprozesse ablaufen.

Einer muss dann meistens gehen. Wenn sich beide gegenseitig unterstützen und die Beziehung noch stimmt, ist es eventuell noch möglich, dass sich beide in den Leitungsfunktionen abwechseln. Dieses kann man in Aufstellungen als ein Nacheinander durchspielen und sehen, ob beide in der Leitungsfunktion genügend Kraft haben.

Steigen in einer Organisation Mitarbeiter in Leitungsfunktionen auf, verhalten sie sich oft in der Leitungsposition nicht gleichberechtigt. Der frühere Unterschied wirkt dort weiter. Deshalb hat man früher Lehrlinge wohl auch auf Wanderschaft geschickt.

4. Beratung

Nach dem Prinzip der Ursprungsordnung gebührt dem Berater der letzte Platz. Aus dieser Position der Bescheidenheit ist er am wirkungsvollsten. Unbedingt etwas aktiv verändern zu wollen ist da eine Anmaßung. Sobald man jemanden aus dieser Position belehren will, schuldet der es seiner Würde, es abzulehnen.

Aus den Aufstellungen sieht man, ob der Berater eine außenstehende und gleichzeitig einflussreiche Position hat, wie weit sein Einflussreicht und ob er auf der Ebene, auf der er wirken will, wirken kann. Erfahrene Berater stehen in einer Organisation oft gut und unterstützend auf der höchsten Hierarchieebene rechts neben dem oder der Führenden.

Beratung gelingt nur, wenn sie die Unterstützung aller (oder mindestens der meisten) für den Auftrag Wichtigen gewinnt. Wenn der Berater diese nicht hat, hat er meist seine Neutralität verloren und fühlt sich in Aufstellungen immer geschwächt.

5. Das Aufstellen von Familienunternehmen

Mit Mitgliedern aus Familienunternehmen Aufstellungen zu machen, hat sich als besonders wirksam und befriedigend erwiesen, sowohl was Nachfolgefragen als auch Fragen zum Management und zu den Beziehungen betrifft (zur psychosozialen Dynamik von Familienunternehmen siehe auch Siefer 1996). Meist stellen wir dann den Familienbetrieb und die Familie nacheinander auf.

 


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